Parkinson-Frühdiagnose, Biomarker und Risiko-Screening
Die aktuellen Diagnose-Kriterien einer Parkinson-Krankheit erfordern das Vorhandensein einer klinisch fassbaren Bradykinese in Kombination mit einem asymmetrischen 5-6Hz Ruhetremor und/oder muskulären Rigidität sowie bestimmten diagnosestützenden Kriterien und dem Ausschluss von mit der Diagnose unvereinbaren Symptomen. Zahlreiche Untersuchungen der letzten Jahre haben aber gezeigt, dass die der Erkrankung zugrundeliegenden Veränderungen im Nervensystem viele Jahre vor dem Auftreten der klassischen Bewegungsstörungen beginnen.
Das betrifft u.a. den Verlust Dopamin-produzierender Zellen in der Substantia Nigra. Dieser führt ab einem ca. 60%igen Dopamin-Verlust in den für die Bewegungskontrolle wichtigen Strukturen des Corpus Striatum zum Auftreten motorischer Symptome. Außerdem zeigen neuere Befunde, dass die ersten neuronalen Zellveränderungen der Parkinson-Krankheit nicht-dopaminerge Anteile des Nervensystems schon vor Befall des Dopamin-Systems betreffen. Beispiele sind das olfaktorische System, Hirnstamm-Zentren der Schlaf-Wach-Regulation und das periphere autonome Nervensystem der Haut, des Darms oder des Herzens.
Diese Veränderungen dürften Erklärung dafür sein, dass fast alle Parkinson-Patienten Jahre vor Beginn der motorischen Symptome verschiedene nicht-motorische Störungen wie Hyposmie, chronische Obstipation oder eine REM-Schlaf-Störung mit Verlust der physiologischen Muskel-Atonie des Traumschlafs und Ausagieren von Trauminhalten (REM-Sleep-Behaviour Disorder‘, RBD) entwickeln.
Diese Befunde bieten Diagnose-Kriterien für die ‚prodromale Parkinson-Krankheit‘, deren positiver Vorhersagewert für die Entwicklung einer klassischen Parkinson-Krankheit allerdings begrenzt ist. Diese Einschränkung lässt sich mittels Biomarkern überwinden. Diese haben das Potential einer ‚biologischen‘ Krankheitsdefinition vor Auftreten subjektiver Beschwerden oder klinischer Symptome. Die aktuelle Forschung stützt sich bei diesem Bemühen auf genetische Parkinson-Biomarker, Bildgebungsmarker für Neurodegeneration sowie molekulare Marker für die parkinsontypische neuronale Synuklein-Pathologie mittels ‚Seed Amplification Assays (SAA’s)‘ aus Liquor-, Blut- oder Gewebeproben.
Eine ‚biologische‘ Definition der Parkinson-Krankheit, unabhängig von klinischen Symptomen, folgt dem Beispiel des ‚A/T/N‘ (Amyloid-beta/Tau/Neurodegeneration )-Stadien-Systems der Alzheimer-Krankheit und soll die Möglichkeit zu präventiven Therapie-Strategien in prä-klinischen Erkrankungsstadien eröffnen. Die Identifikation von Risiko-Gruppen hat entscheidende Bedeutung für die Testung der Validität von molekularen Markern für eine präklinische Krankheitsphase.
Mehrere internationale Projekte untersuchen zur Zeit die Validität von Screening-Verfahren für Parkinson-Risiko.
Zeit: Donnerstag, 01. Juni 2023, 17 Uhr s.t. !!
Ort: CCB-Centrum für Chemie und Biomedizin, Innrain 80-82,
1. Stock, Seminarraum M.01.423